Ob die Redewendung der brotlosen Kunst die Jazzmusik im Sinn hatte, ist nicht überliefert. Gleichzeitig geht es in diesem Genre vielen Künstlern schnell an den Kragen, wenn Aufwand und Mühen in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen.
Dieser Tage ist viel von Netzwerken und Lobbyarbeit die Rede, wenn die Sprache auf die Messe „Jazzahead“ kommt, die seit dem Donnerstag vier Tage lang in Bremen stattfindet. Auf dem größten Branchentreffen in Europa erhalten Agenturen, Labels, Künstler, Medienvertreter, Produzenten und Veranstalter die Möglichkeit, untereinander Kontakte zu knüpfen und ins Geschäft zu kommen.
Dass eine Nischenkultur wie der Jazz mehr Publizität und Popularität benötigt, liegt auf der Hand. Konzerte finden selten in größeren Hallen statt und nie in Stadien, dafür meist in Clubs und Kellern und ab und zu in Schulaulen.
„Die Jazzmusik lebt nicht nur von vielen Musikern, sondern eben auch von den Menschen, die darüber sprechen und davon schwärmen“, sagt Jazzpianist Christopher Baum. Der gebürtige Oldenburger lebt heute in Hamburg, und arbeitet als professioneller Künstler. Mit seinem Quartett Takadoon war der 28-Jährige gerade erst in seiner Heimatstadt.
Im Jazz ist sich jeder selbst der Nächste. So hat Baums Bassistin Lisa Wulff einen eigenen Stand auf der Jazzahead gebucht. „Sie verspricht sich davon, mit Konzertagenturen, Veranstaltern und Plattenlabels direkt in Kontakt zu treten“, weiß Baum.
Jeder talentierte Musiker versucht eben, über die Runden zu kommen. Wenn man nicht gerade Till Brönner heißt, muss man ziemlich viele Runden drehen. Aber dafür ist die Bremer Mustermesse seit zehn Jahren ein anerkannt gutes Pflaster.
„Es geht in unserem Genre gleichermaßen um die Hörbarkeit und die Sichtbarkeit“, stellt Stephan Selle fest. Als Mitstreiter des Jazzclubs Alluvium in Oldenburg und exzellenter Kenner der Szene seiner Heimatstadt Hamburg sieht er „viele Einzelkämpfer allein auf ihrem Weg“. Insofern stehe dieses Branchentreffen auch für eine Solidarität und ein Gemeinschaftsgefühl der Musiker untereinander.
Vor zwei Jahren traten Christopher Baum und Band auf Einladung eines japanischen Instrumentenbauers während der „Jazzahead“ 2015 auf. „Das war der richtige Ort zum falschen Zeitpunkt“, räumt er ein. „Damals standen wir noch am Anfang, hatten noch kein Album anzubieten. Es war trotzdem eine gute und wichtige Erfahrung.“
Inzwischen ist die erste Takadoon-CD „Inner Voice“ auf dem Markt, die Homepage grafisch ansprechend gestaltet und „so einiges ins Rollen gekommen“, bestätigt der Profimusiker. „Vielleicht sind wir dann im kommenden Jahr auf der Jazzahead präsent.“ Bis dahin muss ein Auftritt des Quartetts am Sonntag in Bremen-Vegesack und viele folgende in Clubs, Kellern und Schulaulen genügen, um von der Kunst nicht nur Brot, sondern auch Wasser und Strom zu bezahlen.
anBeat/oli
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