New York, Bochum, Itzehoe: Jeff Cascaro liebt die schillernde Metropole - und weiß, was er an der Provinz hat. Was der Soul-Sänger aus dem Ruhrpott mit dem Begriff "Heimat" anfängt, und warum der Jazz ein Statement für Toleranz ist, hat er Oliver Schulz erzählt.
Als Kind des Ruhrpotts auf den Bühnen und in den Clubs der Jazz-Metropolen musikalisch sozialisiert - was bedeutet Ihnen der Begriff "Heimat"?
Heimat ist für mich nicht an einen Ort gebunden. Es ist viel mehr ein Gefühl: Dort, wo ich mich gut fühle, wo ich gern bin, wo Menschen sind, die ich mag und die mich mögen - das kann Heimat sein.
Der Begriff ist in konservativen Kreisen anders konnotiert.
Natürlich ist "Heimat" in unterschiedlichen Schattierungen möglich. Das ist immer eine Frage der Balance. Was aber da gerade von außerhalb hineingetragen wird, ist ein klarer Missbrauch. Wir müssen uns immer der Verantwortung bewusst sein, und aufpassen, dass nicht alles den Bach herunter geht.
In der deutschen Rock-Szene gibt es eine starke Positionierung gegen Rechts und Fremdenfeindlichkeit. Warum gibt es so etwas nicht im Jazz?
Ich finde es sehr wichtig, hier klar Stellung zu beziehen. Allerdings glaube ich, dass Jazzmusiker Respekt und Toleranz gegenüber Menschen aus anderen Kulturkreisen vorleben - schon aus ihrem Selbstverständnis heraus.
Menschen werden durch ihre Erziehung und ihr Elternhaus geprägt. Stammen Sie aus einer jazzbegeisterten Familie?
Nein. Meine Eltern haben keinen Jazz gehört, aber genügend Vertrauen in mich gesetzt. Mit 18, 19 war ich endgültig mit dem Virus infiziert. Ich habe eine Lehre als Autoelektriker abgebrochen und mich voll und ganz auf die Musik gestürzt. Mit Erfolg: Ich habe im Bundeswettbewerb "Jugend jazzt" gewonnen und dann mit dem Bundesjazzorchester gearbeitet.
Sie haben mit den wichtigen Big Bands aufgenommen, haben große Festivals wie das ElbJazz bespielt. Gibt es noch Herausforderungen?
Ich bin in der glücklichen Lage, meinen eigenen Vorstellungen nachzugehen. Dabei vertraue ich auf meinen inneren Kompass. Ich versuche dabei immer mehr, ich selbst zu sein, und bin nicht bereit, meine Musik zu verramschen. Das ist in der heutigen Zeit nicht mehr so einfach, weil die Möglichkeiten der Präsentation weniger werden. Die CD-Verkäufe sind allgemein rückläufig, mit Internet-Streaming können Musiker kein Geld verdienen. Es bleiben also die Auftritte.
Wie halten Sie Ihr Stammpublikum bei Laune?
Zu den Tourneen kommt die Präsenz in den Netzwerken. Natürlich bin ich im Social Media-Bereich unterwegs. Ich muss aber gestehen, wenn ich mir ansehe, wie viel Hass und Gepöbel dort tagtäglich ausgeschüttet werden, möchte ich mich eher zurückziehen.
Ihr aktuelles Album "Love & Blues in the City" ist sehr erfolgreich. Gibt es ein neues Projekt?
Eher eine Ideensammlung. Ich fühle noch nicht, was es sein könnte. Ich habe mir genügend Freiräume geschaffen und meine Berufung zum Beruf gemacht. Da bringt es nichts, sich zu überfordern.
Text und Fotos: oli/anBeat.com
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