Es ist nichts passiert. Und das ist eigentlich eine gute Nachricht. Dass angesichts des fulminanten Auftritts des Tingvall Trios vor 900 Zuhörern in der Bremer Glocke alle menschlichen wie musikalischen Körper heil geblieben waren, konnte nicht erwartet werden. Dabei tanzten und tobten Derwische auf der Bühne.
Doch siehe da: Hochgeschnellte Klaviertasten landeten in ihrer Grundordnung, der mit Bogen und Fingern bearbeitete Kontrabass blieb keineswegs als Kleinholz zersägt zurück, und dem Schlagwerk war nicht das Trommelfell geplatzt. Selbst spontan aufgesprungene Zuschauer fanden angesichts dieses mitreißenden Konzerts ihren Platz unversehrt wieder.
Martin Tingvall (Klavier), Omar Rodriguez (Bass) und Jürgen Spiegel (Schlagzeug) räumten ab. Sie müssen nichts und niemandem mehr etwas beweisen. Im 15. Jahr ihres Bestehens brauchen sie noch nicht mal mehr ein neues Album mitzubringen, um einen Konzertsaal zu füllen.
Sie erhielten Jazz-Echo und Goldene Schallplatten, als diese Auszeichnungen noch einen hohen Stellenwert hatten. Die Veröffentlichung von „Cirklar“ liegt inzwischen bereits zwei Jahre zurück, doch Tingvalls Trio erobert sein Publikum jedes Mal mit der Vehemenz, dieses Konzert könnte das letzte sein.
Wie könnte es bei einem Trio anders sein, funktionieren Tingvall, Rodriguez und Spiegel als magisches Dreieck, wobei die Seitenlängen zwischen den Eckpunkten variabel sind. Der Pianist aus Schweden bringt Identität und Heimat nicht nur namentlich in die von ihm komponierten Stücke ein – melodiös mit Anleihen aus der Rock- und Popmusik.
Im Unterschied zu anderen klassischen Trios wird das Spiel stark von der ethnischen Herkunft der anderen Bandmitglieder beeinflusst. Während der kubanische Bassist Omar Rodriguez natürlich für lateinamerikanische Rhythmen sorgt, ist das Schlagzeugspiel des gebürtigen Bremers Jürgen Spiegel stark an westliche Rockmusik angelehnt.
In Vitalität und Virtuosität ist das Tingvall Trio kaum zu übertreffen. Das wusste auch das Publikum in der Glocke und spendierte außerordentlich üppig Beifall – vielleicht auch aus Dank, dass sie angesichts des überbordenden Live-Erlebnisses alle heil nach Hause kommen sollten.
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