Sagt der eine Notleidende zum anderen: „Ei was. Wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall. Du hast eine gute Stimme, und wenn wir mitsammen musizieren, wird es gar herrlich klingen.“ Wer hier spontan an Jazzmusiker denken muss, liegt nicht ganz falsch – vor allem nicht in diesen Tagen. Der viertägige Fachmesse „Jazzahead“ findet traditionell in der Heimat der vier Stadtmusikanten statt, was kein Zufall ist, weil die fleißigen Organisatoren in der Hansestadt vor 14 Jahren aus der Not eine Tugend gemacht haben. Inzwischen ist daraus Europas größter Branchentreff geworden.
Nach Bremer Art geht man kreativ mit der prekären Gesamtlage um. Nur wenige Jazzmusiker können von ihrem Beruf allein leben, das dokumentiert die aussagekräftige Jazzstudie aus dem Jahr 2016 – und wird in Gesprächen während der Messetage bestätigt. Immer noch sind die meisten Musiker auf die Mischkalkulation aus Auftritten, Studioproduktionen und Unterricht an Musik(hoch)schulen angewiesen.
Außerhalb der Fachmedien wird Jazz kleingehalten – die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunksender schieben diese intelligente und fordernde Kulturform ins Nachtprogramm und in einen Spartenkanal ab; wenn überhaupt. Das erhöht wiederum den Druck auf die Veranstalter, Produzenten und Musiker, in Bremen auf sich aufmerksam zu machen.
Dass Kulturförderung keine nationale Pflichtübung ist, sondern viel mehr eine wichtige Investition in die Zukunft eines Landes, beweisen die Norweger. Als „Partnerland“ sind die Skandinavier außer der „Jazzahead“ in diesem Herbst auf der Frankfurter Buchmesse sehr präsent.
Zur offiziellen Eröffnung wurde Musik des Duos Karin Krog und John Surman geboten. Ein besonderer Moment war die Liebeserklärung des norwegischen Schriftstellers Lars Saabye Christensen („Yesterday“, „Der Halbbruder“) an den Jazz, der seine Sehnsucht in diesem Satz ausdrückte: „Wenn Leute mich fragen, warum ich schreibe, lautet meine Antwort: Weil ich nicht Klavier spielen kann.“ Dafür sei er gut im Zuhören – wie die vielen Gäste in Bremen und umzu. Mindestens die Musiker würden sich herzlich unwohl fühlen, wenn ihr Spiel ohne Resonanz und Applaus bliebe.
Bremen habe sich mit diesem interdisziplinären Ansatz der "Jazzahead" in der Branche längst etabliert, war von Besuchern zu hören. Die Messe kommt sehr gut an. Und hier schließt sich der Kreis zum Grimmschen Märchen: „Den vier Stadtmusikanten aber gefiel’s darin so gut, dass sie nicht wieder hinaus wollten.“
Text/Fotos: oli/anBeat.com
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