What's the Art of The Art of the quartet? To listen, sagt Peter Erskine. Der legendäre Schlagzeuger, der Weather Report Ende der Siebziger Jahre auf ein anderes Level trommelte, muss es wissen. Dass es im Verbund mit Kenny Werner, Scott Colley und Benjamin Koppel schon klappen würde, war den Zuhörern in Oldenburg schon vorher klar.
Als einige Unentwegte die Nase endgültig voll hatten von Schlagermuff und Ringelpietz und sich lieber berauschen ließen von Dizzy Gillespie, Charlie Parker und Thelonious Monk, den Wegbereitern des Bebop, dieser unerhörten Musikrichtung, die Anfang der 1940er Jahre den Swing als führenden Stil ablöste und somit den Ursprung des Modern Jazz bildete, kam es 1959 in Oldenburg zum Urknall.
In Ermangelung alternativer Hörerlebnisse und in der tiefen Überzeugung, den Altvorderen die Dinge aus der Hand zu nehmen, entstand der Jazzclub Alluvium. Wie es damit weiterging und wie aus dem Klub im Keller des Degodehauses am Rathaus eine Institution wurde, die auch nach 60 Jahren nichts von ihrer Bestimmung eingebüßt hat, ist eine andere Geschichte in diesem Jubiläumsjahr.
Zunächst einmal durften sich alle Jazz-Freunde im Nordwesten daran erfreuen, dass das Alluvium erstens noch lebendig ist, zweitens regelmäßig ein anspruchsvolles Programm auf die Beine stellt und drittens in der Formation „The Art of the Quartet“ zum Auftakt des Feiertrubels einen ziemlichen Kracher präsentierte. Scott Colley (Kontrabass), Peter Erskine (Schlagzeug), Benjamin Koppel (Saxophon) und Kenny Werner (Klavier) wären schon allein ihr Eintrittsgeld wert gewesen. Zusammen bleiben sie – im übertragenen Sinne – unbezahlbar.
Es wäre angemessen, entspräche aber nicht ganz der Wahrheit, dass sich diese Einzelkönner extra zu diesem Anlass zusammengefunden hätten. Es ist wohl eher so, dass sich die Musiker mehr als gut verstehen und in Leidenschaft und Freundschaft eng verbunden sind. Auf dem Copenhagen Jazz Festival feierten sie im vergangenen Jahr mit viel Getöse und unter großem Applaus ihre Premiere. In Oldenburg konnten sie zeigen, dass riesige Erfahrung und jugendliche Spielfreude bestens zu vereinbaren sind.
Um die Spielbeziehungen der vier Musiker untereinander aufzuzeigen, wäre ein Organigramm nötig, kurzgefasst kommt man mit „Jeder mit jedem“ weiter: Peter Erskine trommelte „Weather Report“ ab 1978 in eine andere Dimension, Scott Colley war Schüler von Charlie Haden und tourte mit Herbie Hancock, Kenny Werner trat regelmäßig mit Archie Shepp auf und Benjamin Koppel steuert das „Nordic Design“ bei. „The Art of the Quartet“ ist eine All-Star-Band, die aus vier der gefragtesten und vielseitigsten Jazzmusiker der heutigen Szene besteht.
Gemeinsam erforschen sie das Potenzial klassischer Jazzquartett-Formationen in all ihren Feinheiten. Mit ihrer besonderen Individualität heben sie den musikalischen Dialog auf ein ganz neues Level. Jeder Musiker steuerte Kompositionen und Arrangements bei, die von vielfältigen Ausdrucksweisen inspiriert sind. Strukturiert wurde dies durch das wunderbare Zusammenspiel der vier Virtuosen.
Die Kollaboration von Benjamin Koppel und Kenny Werner führte in eine besondere Vertrautheit. Aus ihr gingen mehr als zehn Alben hervor, darunter das vielgelobte Duo-Album „Walden“ und ein Album ihres Kollektivs Coalition mit Lionel Loueke und Miguel Zenon. In Scott Colley holten sie sich einen Kontrabassisten an die Seite, der für seine Zusammenarbeit mit Herbie Hancock und John Scofield gerühmt wurde. Schlagzeug-Legende Peter Erskine schließlich vervollständigt die Viererbande auf seine einzigartige Virtuosität.
Nach weit über zwei Stunden Live-Konzert war der Anfang im Jubiläumsjahr des Jazzclubs Alluvium gemacht. Der wunderbare Sound von „The Art of the Quartet“, auch dank Josef Kempens Zutun am Mischpult, klang lange nach. Die Zuhörer waren beglückt, die Macher durften zufrieden sein. Mit einer sehr langen wunderschönen Ballade und viel Applaus ging der Auftaktabend zu Ende.
Text und Fotos: oli/anbeat.com
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