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Same same but different

 

Gemessen an ihrem Gewicht im modernen Jazz dürfen Bugge Wesseltoft, Dan Berglund und  Magnus Öström getrost als schwere Jungs bezeichnet werden. Gemeinsam bilden sie seit vier Jahren die skandinavische Supergruppe Rymden, die dem Publikum in der Bremer Glocke einen wunderbar inspirierenden Donnerstagabend bescherte.

 

Und ebenso schwer lastete die Vergangenheit auf Bassspieler Berglund und Schlagzeuger Öström, die sich seit 2008 geistig und körperlich mit dem viel zu frühen Unfalltods ihres Freundes und Trio-Kompagnons Esbjörn Svenssonauseinandersetzen müssen. Das ist zwar lange her, aber niemand kann wirklich sagen, inwieweit dieser persönliche Prozess Ausdruck und Kreativität der beiden Schweden verändert hat.

 

Optisch passt der norwegische Jazzpianist Bugge Wesseltoft mit kahlem Schädel und kraftvoller Gestik schon mal gut ins Bild, gleichzeitig will und soll der 56-Jährige nicht die Kopie des gleichaltrigen Vorgängers sein. Seit dem Ende von e.s.t. hatten Berglund und Öström kein direktes Nachfolgeprojekt initiiert. Wesseltofts Band New Conception of Jazz war ihnen von gemeinsamen Festivals bekannt. Man probte zusammen, man trat gemeinsam auf und ging dann ins Studio. 2019 

erschien das Debütalbum „Reflections & Odysseys“.

 

 

Rymden erfindet das Jazz-Trio nicht neu – zumindest nicht in dem Maße, wie es seinerzeit Esbjörn Svensson tat, der mit seinem atemberaubend virtuosen Spiel die Seh- und Hörgewohnheiten sprengte. Gleichzeitig ist Wesseltoft an Piano und Keyboard ein eigener Hochkaräter, der seine Mitspieler ständig zu Höchstleistungen treibt und mit ihnen wächst. Seine Einflüsse stammen aus der elektronischen Musik und dem skandinavischen Folk; und dass er mal in einer Punkband begonnen hat, nimmt man ihm nach diesem bewegenden Abend getrost ab.

 

Rymden – auf deutsch Raum – entwickelt sich sehr gut. Einiges von dem, was im Konzertsaal der Glocke geboten wurde, ist weitgehend unbekannt, manches Stück trägt noch keinen Titel. Aber jedes Teil funktioniert in der Summe als Ganzes. Als gleichberechtigte Partner lassen die Musiker einander jenen Raum und entwickeln mit akustischen und elektronischen Elementen eine Mischung aus treibenden Rhythmen, melancholisch-atmosphärischem Songwriting und virtuos gespieltem Jazz.

 

Melancholie funktioniert hier als Treiber. Der Blick zurück – auch auf die Überfigur Esbjörn Svensson – ist bei Rymden nicht Trauerarbeit, sondern vielmehr sprudelnder Quell neuer Ideen.

 

Text/Fotos: oli/anbeat.com 

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